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Einvernehmliche Auflösung über Druck des Arbeitgebers

Erstellt am 11.09.2024

OGH vom 26.08.2024, 8 ObA 30/24f

§ 863 ABGB

Sachverhalt:

Eine Arbeitnehmerin war als Kindergartenpädagogin und Leiterin einer Kindertagesstätte angestellt.

Nachdem bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft Beschwerden über das Verhalten der Arbeitnehmerin gegenüber den Kindern eingegangen waren, konfrontierte der Arbeitgeber sie mit diesen Vorwürfen.

Er teilte ihr jedenfalls mit, dass er das Dienstverhältnis auflösen wollte und dass ein Entlassungsgrund vorliegen würde, wenn sich herausstellen sollte, dass die Anschuldigungen wahr wären.

Die Arbeitnehmerin stimmte daraufhin einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zu.

Ihre Klage war darauf gerichtet, die Unwirksamkeit der Beendigung herbeizuführen, weil sie sich zu Unrecht unter Druck gesetzt gefühlt hatte.

So entschied der OGH:

Der OGH bestätigte die Rechtswirksamkeit der einvernehmlichen Auflösung.

Lösung:

Schließt der Arbeitnehmer unter dem Eindruck der Ankündigung des Arbeitgebers, ihn zu entlassen, eine Auflösungsvereinbarung, so kommt es darauf an, ob für den Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Androhung der Entlassung plausible und objektiv ausreichende Gründe für deren Ausspruch gegeben waren.

Ist dies der Fall, kann sich der Arbeitnehmer nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei auf ihn ungerechtfertigter Druck ausgeübt worden.

Ist der Arbeitgeber aber von der Haltbarkeit seiner Rechtsposition nicht überzeugt und will er den Arbeitnehmer gerade deswegen zur einvernehmlichen Auflösung drängen, ist die Auflösungsvereinbarung schon aus diesem Grund nach § 870 ABGB anfechtbar.

Dabei kommt es auf den Wissensstand des Arbeitgebers ex ante (im Voraus) und nicht darauf an, ob seine Ansicht auch ex post (im Nachhinein) von den Gerichten nach Durchführung eines förmlichen Beweisverfahrens bestätigt wird.

Dass sich der Arbeitgeber nicht sicher war, ob die Gerichte einen Entlassungsgrund bejahen werden, schadet nicht, wenn er dies annahm und bei objektiver Betrachtung auch mit guten Gründen annehmen durfte (8 ObA 72/23f).

Dass der Arbeitgeber die erhobenen Anschuldigungen nicht überprüft und der Arbeitnehmerin auch keine Möglichkeit eingeräumt hatte, die Vorwürfe zu entkräften, sodass der Arbeitgeber noch gar wissen habe können, ob tatsächlich ein Entlassungsgrund vorgelegen war, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Der Arbeitgeber hatte die Entlassung ohnehin nur für den Fall angedroht, dass sich die Anschuldigungen als wahr herausstellen würden. Da der Arbeitgeber eine allfällige Entlas-sung damit vom Ergebnis weiterer Erhebungen abhängig machte, hat sie auch nicht gegen ihre Obliegenheit verstoßen, vor dem Ausspruch der Entlassung zu prüfen, ob tatsächlich ein pflichtwidriges Verhalten der Arbeitnehmerin vorliegt (siehe 8 ObA 37/16y).

Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits zu 8 ObA 94/20m ausgesprochen, dass sich der Arbeitgeber (als Kinderbetreuungseinrichtung) uneingeschränkt darauf verlassen können muss, dass die Betreuung und Fürsorge der bei ihm untergebrachten Kinder mit allen sich daraus ergebenden Verpflichtungen gewährleistet ist.

Der Arbeitgeber durfte somit nach der bisherigen Rechtsprechung zu Recht vom Vorlie-gen eines Entlassungsgrundes ausgehen, wenn sich die gegen die Arbeitnehmerin er-hobenen Anschuldigungen als wahr herausstellen würden.

Autor: Wilhelm Kurzböck