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Nutzungsmöglichkeit des Kinderzimmers bei Besuch des Elternhauses begründet keinen inländischen Wohnsitz

Erstellt am 12.09.2024

BFG vom 08.08.2024, RV/4100581/2018

§ 1 Abs. 2 EStG 1988

So entschied das BFG:

  1. Das Bestehen eines Wohnsitzes ist steuerrechtlich stets an die objektive Voraussetzung des Besitzes - hier gleichbedeutend mit dem Innehaben - einer Wohnung geknüpft.

  2. Der Wohnsitzbegriff des Steuerrechtes knüpft an die tatsächliche Gestaltung der Dinge an.

  3. Um einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderungen jeder-zeit zum Wohnen benutzt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (VwGH 5.3.2020, Ra 2019/15/0145, mwN).

  4. Der Steuerpflichtige muss die Wohnung innehaben, das heißt, dass er die Wohnung grundsätzlich jederzeit für eigene Wohnzwecke nutzen kann, ohne die Zustimmung ei-ner anderen Person einholen zu müssen.

  5. Das fallweise, wiederkehrende Wohnen bei der Mutter, bei dem ein Zimmer auf Grund einer jeweiligen Willensentscheidung der Mutter zur Verfügung gestellt wird, stellt kein Innehaben einer Wohnung iSd § 26 Abs. 1 BAO dar (VwGH 24.1.96, 95/13/0150; UFS 13.10.04, RV/0211-I/04).

  6. Im gegenständlichen Fall wurde der Wohnsitz 2011 vom Elternhaus in Österreich in die Schweiz verlegt, wo durch den Bezug einer 2,5 Zimmer Wohnung, deren Einrichtung den konkreten Lebensbedürfnissen entsprach, erstmals einen eigenen Hausstand ge-gründet wurde.

  7. In Österreich verfügte er somit über keinen eigenen Hausstand, sondern hatten lediglich die Eltern des Steuerpflichtigen in Österreich ihren Wohnsitz, welche er regel-mäßig besuchte.

  8. Das ehemalige Kinderzimmer, das ihm während seiner Besuche in Österreich bewohn-te, vermittelte ihm keinen Wohnsitz in Österreich, da es ihm nach dem festgestellten Sachverhalt erst nach der jeweiligen Willensentscheidung der Eltern zur Verfügung stand.

  9. Im Übrigen stand das ehemalige Kinderzimmer nicht ausschließlich ihm zur Verfügung, da es bei Aufenthalten der Schwester ebenfalls von ihr als Gästezimmer genutzt wurde und er für das Elternhaus keinen Schlüssel besaß.

  10. Dass der Beschwerdeführer ein Bankkonto in Österreich und ein österreichisches Wertkartenhandy besaß, war für die Beurteilung, ob ein österreichischer Wohnsitz im Sinne des_ § 26 BAO_ gegeben ist, nicht von Bedeutung.

  11. Da sohin ein Wohnsitz im Sinn des § 26 Abs. 1 BAO in Österreich nicht ableitbar ist, fehlt es an einem in Österreich bestehenden Anknüpfungspunkt für das Besteuerungsrecht der Republik Österreich für die ausländischen Einkünfte.

  12. Eine unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988 ist somit zu verneinen.

Autor: Wilhelm Kurzböck