Erstellt am 25.09.2024
Zuletzt erreichten mich wieder einmal fachliche Supportersuchen in Zusammenhang mit GPLB-Prüfungen.
Periodisch wiederkehrend taucht - unter GPLB-Prüfern - das Argument auf, dass es bei der Abrechnung von fallweise Beschäftigten NUR die Anwendung der Tageslohnsteuertabelle geben kann. Wie erwähnt: dieses Argument ist definitiv NICHT neu und zeigt auf, dass es auch für GPLB-Prüfer schon eine große Herausforderung darstellt, das ganze Regelwerk im Überblick zu halten.
Im Jahr 2001 kam es zu Änderungen betreffend die Besteuerung eines bei Austritt fälligen Resturlaubes. § 67 Abs. 8 lit. d EStG 1988 wurde geschaffen und dabei der Wechsel von der "guten alten" Besteuerung mit 6 % (damals nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 und zwar im Rahmen derselben Viertelregelung, wie sie auch bei freiwilligen Abfertigungen anzuwenden war bzw. noch immer ist, wenn das "alte Abfertigungssystem" greift) auf eine "gemischte Besteuerung" vollzogen.
"Gemischt" deshalb, weil man - ähnlich wie 5 Jahre davor (also im Sommer 1996) in der Sozialversicherung - ein Aufsplitten der Urlaubsersatzleistung steuerlich (wie sv-rechtlich) in die arbeitsrechtlichen Einzelbestandteile (laufende Bezüge - sonstige Bezüge) erfolgen sollte. Das Aufsplitten in der SV ist übrigens rechtlich keinesfalls gesichert, aber anerkannte "Verwaltungspraxis", während das Splitten im Bereich der Lohnsteuer sogar ausdrücklich im Gesetz steht.
Zusätzlich wurde dann mit Wirkung ab 1.1.2001 die Urlaubsersatzleistung pflichtig den Abgaben DB, DZ und KommSt (davor bestand nämlich in diesen Lohnabgaben eine - damals sehr umstrittene - Befreiung, nachdem der VwGH diese Begünstigung nicht anerkennen wollte und viele Gemeinden daraufhin bei KommSt-Prüfungen und teilweise auch noch bei Lohnsummensteuerprüfungen ordentlich Druck gemacht hatten ==> diese unseligen Zeiten der KommSt-Prüfungen sind ja zum Glück lange Geschichte und nur noch in Ausnahmefällen ein Ärgernis: einige programmierten dann die Lohnart für die UE/UA auf DB und DZ-frei und KommSt-pflichtig um - für Zeiträume vor dem 1.1.2001).
Damals "kämpften" wir auch gerade mit der Begriffspflege, da wir davor nicht von einer Urlaubsersatzleistung gesprochen hatten, sondern von Urlaubsentschädigung (UE) und Urlaubsabfindung (UA). Aber zur selben Zeit (also per 1.1.2001 unter Anwendung einer Übergangsregelung) gelangten Änderungen bei der Abgeltung des nicht verbrauchten Urlaubs auch arbeitsrechtlich zur Anwendung.
Steuerlich sollte mit Wirkung ab 1.1.2001 der "sonstige UEL-Bezugsanteil" (zB. 1/12 eines Jahres-UZ-Anteils und 1/12 eines WR-Anteils, umgerechnet auf die UEL-Tage) unter Anwendung des Jahressechstels (§ 67 Abs. 1 EStG 1988) und der laufende UEL-Anteil als laufender Arbeitslohn besteuert werden (heute ist das alles selbstverständlich, damals war das - vereinfach gesagt - sehr überraschend).
Im Zuge dieser Umstellung stellte sich eine Menge praktischer Fragen, die ich damals zur Erstellung des Lohnsteuerrichtlinien-Wartungserlasses schon im Vorfeld mit den zuständigen Herrschaften im BMF erörtert hatte (ich lieferte damals die Fragen aus Sicht der Softwarehersteller und das BMF beantwortete sie quasi über die Lohnsteuerrichtlinien und mir gegenüber schon vorab, weil ich schon damals das Instrument der ONLINE-News nutzte; es war jedenfalls ein arbeitsreicher Tag, der 8.12.2000):
Frage 1:
Erhöht der laufende Anteil der UEL denn das Jahressechstel?
Ja und zwar im Ausmaß eines Sechstels dieses laufenden Anteils. Man errechnet also ein normales Jahressechstel ohne diesen Anteil und addiert dann ein Sechstels des laufenden UEL-Anteils hinzu und erhält so ein gesamtes Jahressechstel.
Anmerkung:
Im Laufe des Jänner 2001 wurde ich von Lesern meines damaligen Magazines angeschrieben, dass Mitarbeiter diverser Finanzämter das als ausgemachten Blödsinn ansehen und das keinesfalls tolerieren würden, weil das so nicht im Gesetz steht. Man muss den Mitarbeitern zugute halten, dass sie damals noch keinen Zugriff auf die aktualisierte Version der Lohnsteuerrichtlinien hatten. Danach gab es zwar auch ein paar Mal - auch witzigerweise von Prüferseite - Einwände. Diese entpuppten sich aber als reines Informationsmanko (zum Glück).
Frage 2:
Ein Austritt erfolgt zB. am 5.10 und es wird eine Urlaubsersatzleistung bezahlt. Nimmt man die Tages- oder die Monatslohnsteuertabelle?
Hier hat man sich einer pragmatischen Auslegung bedient, die dann in weiterer Folge auch für den Fall angewandt wurde, dass eine freiwillige Abfertigung über die Viertel- und Zwölftelbegünstigung hinauskatapultierte und somit nach § 67 Abs. 10 EStG 1988 der Tarifbesteuerung unterworfen wurde (nicht ALS laufender Bezug, sondern als sonstiger Bezug, der WIE EIN laufender Bezug besteuert würde). Dabei wird der Einfachheit halber immer die Monatslohnsteuertabelle zur Anwendung gebracht. Also wird im Extremfall bei einem Eintritt am 4.10 und einem Austritt am 15.10 im Falle der Bezahlung einer Urlaubsersatzleistung auch hier die Monatslohnsteuertabelle herangezogen, auch wenn dann SV-Tage und LSt-Tage überhaupt nicht mehr zusammenpassen.
Anmerkung:
Vermutlich ist es unnötig zu erwähnen, dass auch hier Rückmeldungen aus der damaligen Welt der Lohnsteuerprüfer kamen ("was schreibst du denn da schon wieder..."), die dieses Auslegungsergebnis (des eigenen Hauses) als völlig absurd und falsch bezeichneten. Man merkte also, dass hier eine gewisse Energie des Widerstandes nicht zu leugnen war (wohl gemerkt: nicht von der LV-User-Seite, sondern von Prüferseite). Man findet diesen fachlichen Eintrag übrigens in der Rz 1108 LStR 2002.
Die fallweise Beschäftigten waren zu dieser Zeit steuerlich überhaupt "kein Problemthema", da die Bezahlung einer Urlaubsersatzleistung hier in unserer Gedankenwelt überhaupt nicht vorgekommen war. Erst ein Urteil des EuGH im Jahr 2009 und mehrere Urteile des OGH in den Jahren 2012 und 2013 sorgten hier für ein Umdenken. Damals recherchierte ich zwei praktische Fragen:
A) Ist es zulässig - analog zur Vorgangsweise beim Dienstleistungsscheck - die Höhe der Urlaubsersatzleistung pauschal mit 9,6 % der Basis (also des laufenden Bezuges und der - falls zusteht - Sonderzahlungen) ermitteln, weil man ja hier so schlecht von regelmäßigen Bezügen ausgehen kann?
Das wurde bejaht.
Übrigens: nach dem Arbeiter-KV Gastronomie haben fallweise Beschäftigte ab 1.11.2024 Anspruch auf Sonderzahlungen. Die permanente Anwendung einer Wartezeitregelung gibt es ab da nicht mehr.
Anmerkung:
Auch hier durfte ich feststellen, dass es "Widerstände" seitens Prüfer und Behörden gab, die aber "mangels Masse" dann maximal zu Diskussionen führten, zu mehr nicht. Die meisten kannten jedoch den Beweggrund für den Prozentsatz nicht, nämlich - wie erwähnt - das Dienstleistungsscheckgesetz, welches ja rechtliche Grundlagen betreffend "fallweise Beschäftigte in Haushalten" bietet. Eine "analoge Anwendung" einer Bestimmung, die ausdrücklich dort im Gesetz verankert ist (nicht die Analogie, die Hauptregelung selbst). Seither ist auch dieser Prozentsatz salonfähig und jene, die einen anderen Prozentsatz nehmen möchten, dürfen das gerne tun. Es ging mir hier um eine Vereinfachung und nicht um einen intellektuellen Wettbewerb der klügsten Köpfe.
B) Nehmen wir nun bei fallweise Beschäftigten die Tages- oder Monatslohnsteuertabelle, wenn mit separater Lohnart (vom OGH ausjudiziert, dass hier ein "All-In" nicht erlaubt ist) eine Urlaubsersatzleistung bezahlt wird?
Meine Recherchen beim BMF ergaben: die Monatslohnsteuertabelle, wenn eine Urlaubsersatzleistung gewährt wird (was ja regelmäßig der Fall ist).
Und dann ging es los. Wieder und wieder kamen in Stößen Rückmeldungen aus der Finanzverwaltung, dass das so nicht stimmen könne etc.
Bis es mir dann zu bunt wurde.
Dass ich mich bei den BMF-Erlässen zum Kontrollsechstel (ein Begriff, den übrigens ich für dieses Steuermonster ins Leben gerufen hatte; mir fiel kein besserer Begriff für diesen Unsinn ein; es war nach dem von mir im Jahr 2010 erfundenen Begriff der "Wochengeldfalle" der zweite Begriff, der auf breiter Basis gedanklich hängengeblieben war) fachlich als Verbindungsmann für die Softwarehersteller eingebracht habe, ist als Information nicht so wichtig, aber....
.... es stellte sich als Folge der permanenten Ein- und Austritte bei fallweise Beschäftigten auch im Softwarebereich die Frage zum Handling hier betreffend das Kontrollsechstel. Und hier bat ich darum, dass man den Umstand, dass die Monatstabelle auch bei fallweiser Beschäftigung mit UEL zur Anwendung gelangt, in diesem Erlass ausdrücklich festhalten möge, als Hinweis nicht nur für die Fach- sondern auch Prüferwelt. Eine Lohnsoftware ist etwas ganz Sensibles, denn in Wahrheit verlässt man sich auf das, was da "ausgespuckt" wird. Daher nahm ich meine Recherchearbeit auch wirklich sehr ernst.
Dem ist man seitens der Finanzverwaltung dankenswerterweise im Jahr 2021 nachgekommen und zwar unter Punkt 24 des nachstehend verlinkten Dokuments:
https://findok.bmf.gv.at/findok/resources/pdf/47829077-fb07-4ccb-a0f6-1a63c5be375f/79311.1.1.pdf
Dort steht also "schwarz auf weiß", dass man - nach Ansicht der Finanzverwaltung - bei fallweise Beschäftigten mit UEL die Monatslohnsteuertabelle nimmt.
Wie erwähnt: in dieser Woche "ist es wieder passiert", dass ein Prüforgan meinte, dass das alles nicht stimme.
Genau aus diesem Grund halte ich nun hier die Rechtslage ausdrücklich fest als Argumentations- und Informationshilfe oder - quelle für alle Beteiligten und hoffe, dass Ihnen diese kleine Zeitreise auch gefallen hat.