Erstellt am 19.11.2024
OGH vom 26.09.2024, 8 ObA 39/24d
§ 82 lit. d Fall 3 GewO 1859
Sachverhalt:
Auf das Dienstverhältnis eines Arbeitnehmers zur Arbeitgeberin war der Kollektivvertrag zur Sozialwirtschaft Österreichs (SWÖ-KV) anzuwenden.
Für die Nachtarbeitsbereitschaft sieht dieser Kollektivvertrag eine Entlohnung von (nur) 50 % des Grundstundenlohnes vor.
Vor Gericht klagte er die Differenz auf 100 % ein.
So entschied der OGH:
Der OGH wies die Klage ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Was versteht man im Arbeitsrecht unter dem Begriff der Arbeitsbereitschaft?
Als Arbeitsbereitschaft wird der Aufenthalt an einem Ort angesehen, der vom Arbeitgeber bestimmt wird und an dem man jederzeit zur Aufnahme der Arbeitsleistung im Bedarfsfalle bereit sein muss.
Gibt es für die Stunden der Arbeitsbereitschaft die Möglichkeit von „Sonderentlohnungen“?
Grundsätzlich kann die Arbeitsbereitschaft durch Kollektivvertrag oder Einzelarbeitsvertrag aufgrund der geringeren Beanspruchung des Arbeitnehmers (Überstunden „minderer Art“, vgl_ 9 ObA 25/11h = WPA 9/2011, Artikel Nr. 254/2011_) geringer entlohnt werden als die normale Arbeitszeit.
Dafür ist jedoch eine entsprechende Vereinbarung Voraussetzung.
Anmerkung:
Wenn es zur Entlohnung betreffend Arbeitsbereitschaft im anzuwendenden Kollektivvertrag eine ausdrückliche Regelung gibt, so ist eine Vereinbarung, welche ein geringeres Entgelt dafür vorsieht, als der Kollektivvertrag regelt, nicht zulässig.
Welche Regelung findet man zur Arbeitsbereitschaft im Kollektivvertrag der „Sozialwirtschaft Österreichs“ (SWÖ)?
Diese Regelung findet man derzeit in_ § 8 Abs. 3 lit. d._ Sie lautet:
„Zeiten der Nachtarbeitsbereitschaft (von 22:00 bis 6:00 Uhr) werden mit 50 % des Grundstundenlohnes abgegolten (= geringer zu entlohnende Nachtarbeitsbereitschaft).“
Handelt es sich hierbei um eine zulässige Mindestentgeltsregelung?
Der Oberste Gerichtshof stellte bereits klar, dass diese Bestimmung eine (zulässige) abweichende Mindestentgeltregelung für Nachtarbeitsbereitschaften vorsieht und in ihrem inhaltlich umschriebenen Anwendungsbereich das kollektivvertragliche Mindestentgelt definiert_ (8 ObA 74/20w)._
Der hier zu beurteilende Fall:
Die Klage war aus nachstehenden Gründen abzuweisen:
Man kann von einer gesicherten Vorjudikatur zur Auslegung dieser Kollektivvertragsbestimmung sowie zu Entlohnungsfragen betreffend Arbeitsbereitschaft im Allgemeinen sprechen.
Zwar hatte der Arbeitnehmer nicht nur Nachtbereitschaftsdienste geleistet bzw. auch nicht den Wunsch geäußert, nur Nachtbereitschaftsdienste leisten zu wollen (im Gegensatz zu jenem Arbeitnehmer des Verfahrens in OGH 8 ObA 74/20w). Das ändert jedoch nichts am zulässigen Ergebnis der geringeren Entlohnung.
Auch der Umstand, dass durch die Dienstplaneinteilung die Nachtarbeitsbereitschaftszeiten des Arbeitnehmers durch die Arbeitgeberin vorgegeben wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Ihm war nämlich von vorneherein klar, dass er auch Nachtarbeitsbereitschaften leisten würde, die nur mit 50 % des Grundstundenlohnes entlohnt würden, da er darauf im Bewerbungsgespräch hingewiesen wurde.
Dass das konkrete Ausmaß, in dem er zur Nachtarbeitsbereitschaft herangezogen worden sei, nicht vom Arbeitsvertrag gedeckt gewesen wäre, behauptete er nicht substanziiert.
Dass ihm die Arbeitgeberin ein monatliches Fixgehalt im Voraus zugesagt hätte, das durch die niedriger entlohnten Nachtarbeitsbereitschaftsdienste nicht erreicht wurde, wurde vom Arbeitnehmer nicht behauptet.