Erstellt am 25.11.2024
VwGH vom 29.08.2024, Ra 2022/11/0195
§ 8 Behinderteneinstellungsgesetz
So entschied der VwGH:
Sprach der Arbeitgeber die Kündigung eines Arbeitnehmers aus und beantragte der gekündigte Arbeitnehmer noch am selben Tag beim Behindertenausschuss beim Sozialministeriumservice die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigt Behinderten, dem rückwirkend auch stattgegeben wurde, so war die Kündigung zunächst schwebend unwirksam.
Allerdings konnte der Arbeitgeber in weiterer Folge beim Behindertenausschuss den Antrag auf nachträgliche Zustimmung der bereits ausgesprochenen Arbeitgeberkündigung stellen, weil der Dienstgeber zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht darüber in Kenntnis war, dass der Arbeitnehmer Mitglied beim Kreis der begünstigt Behinderten war. Somit lag der in § 8 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz genannte Ausnahmefall vor.
Die Zustimmung zur Kündigung war hier deshalb zu erteilen, weil der Arbeitnehmer im Sinne des § 8 Abs. 4 lit. b BEinstG nicht mehr in der Lage war, die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, eine Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei und kein anderer geeigneter Arbeitsplatz bei der Mit-beteiligten zur Verfügung stehe. Eine Kündigung anderer Mitarbeiter, um für den Ar-beitnehmer einen Arbeitsplatz freizumachen, war der Arbeitgeberin nicht zumutbar.
Dass in der Zwischenzeit von einem Arbeitsgericht ein Anerkenntnisurteil gefällt wurde, wonach das Arbeitsverhältnis über den Tag des Ausspruchs der Dienstgeberkündigung aufrecht wäre, ändert an dieser Rechtslage nichts.
Die Zustimmung durch den Behindertenausschuss gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG ermög-licht die Kündigung durch den Dienstgeber zwar, ersetzt sie aber nicht.
Die allgemeinen Kündigungsschutzregelungen des § 105 Abs.2 bis 5 ArbVG gelten dann nicht, wenn der besondere Kündigungsschutz nach § 8 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz greift.
Die bereits ausgesprochene Dienstgeberkündigung war somit auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes durch die rückwirkende Zustimmung des Behindertenausschusses (bestätigt durch das Landesverwaltungsgericht) rechtswirksam.