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Hände weg vom Herausschälen des steuerfreien Überstundenanteils aus All-In-Gehältern - was bei den nächsten GPLB auf uns zurollen kann

Erstellt am 18.03.2025

So muss wohl das Fazit lauten, wenn man sich die Ausrichtung der GPLB in nächster Zeit zu diesem Thema ansieht. Das Problem, das die Praxis hat: die bisherigen BMF-Auslegungen waren im Vergleich zur Gesetzes- und Judikaturlage durchaus als (zu) großzügig zu werten.

Die Rechtsprechung des VwGH ist hier im Großen und Ganzen nicht auf der Praxisseite zu sehen.

Im Detail wird zwischen „Not“ und „Elend“ unterschieden, nämlich zwischen „All-in-Vereinbarungen in Kombination mit Gleitzeit mit mehrmonatiger Gleitzeitperiode“ und einer „All-In-Vereinbarung ohne Gleitzeit“ (mit zahlenmäßig fixierten Überstunden = unechte All-in-Vereinbarung und ohne zahlenmäßig fixierte All-In-Vereinbarung = echtes All-In).

All-In-Vereinbarungen in Kombination mit Gleitzeit (Durchrechnung):

A) Überstunden bei Gleitzeit (ohne All-In):

Aus rechtlicher Sicht (arbeitsrechtlich) liegen Überstunden dann vor, wenn die für die Gleitzeit relevante tägliche Normalarbeitszeit überschritten wird. Dies können – abhängig von der Gleitzeitvereinbarung oder Gleitzeitbetriebsvereinbarung - entweder 9, 10 oder aber auch 12 Stunden sein oder aber dann, wenn die wöchentliche Normalarbeitszeit von 50 oder 60 Stunden überschritten wurde.

Ebenso stellen geleistete (angeordnete) Arbeitsstunden außerhalb des vereinbarten Gleitzeitrahmens Überstunden dar bzw. auch vom Arbeitgeber angeordnete Arbeitsstunden, soweit sie außerhalb der sonst gültigen täglichen oder wöchentlichen Normalarbeitszeit gelegen sind (§ 4b Abs. 5 AZG).

Diese Überstunden können somit auch dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum „Kalendermonat“ zugeteilt werden und sind daher die darauf entfallenden Zuschläge unter § 68 Abs. 2 EStG 1988 zu reihen.

Voraussetzung dafür, damit die GPLB diese Stunden „anerkennt“, ist, dass diese Stunden getrennt vom Gleitzeitguthaben aufgezeichnet werden.

Zusätzlich sind auch jene Gleitzeitguthaben (1:1), die bis zum Ende der Gleitzeitperiode nicht konsumiert werden konnten und auch nicht übertragbar sind, als gesetzliche Überstunden anzusehen, für welche der Zuschlag (im Auszahlungsmonat) nach § 68 Abs. 2 EStG 1988 steuerfrei bleiben kann.

Der WIKU-Tipp:

Optimieren Sie nach Möglichkeit, Ihre Gleitzeitvereinbarungen (steuerlich) dahingehend, dass diese eine maximale Tages-NAZ von maximal 9 Stunden vorsehen sowie eine Gleitzeitperiode „Kalendermonat“ mit einer niedrigen Zahl von übertragungsfähigen Stunden oder verzichten Sie auf Übertragungsmöglichkeiten.

Es könnte auch durchaus sein, dass Sie gezwungen sind, zwischen arbeitsrechtlichem Optimum (ohne steuerliche Begünstigung) und steuerlichem Optimum unter Verzicht auf arbeitsrechtlichen Nutzen zu wählen.

B) All-In-Entlohnung bzw. Überstundenpauschalen und Gleitzeit

Zusätzlich zu dem unter A) Gesagten kommt hier Folgendes hinzu:

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit der Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 bei Überstundenpauschalen und Gesamtgehaltsvereinbarungen („All-In“) ist, dass im Jahresdurchschnitt auch tatsächlich Überstunden im erforderlichen Ausmaß (Zuschlag maximal 86 Euro bzw 200 Euro) geleistet werden und keine missbräuchliche Verteilung der geleisteten Überstunden erfolgt.

Anmerkung:

Der Jahresschnitt resultiert in erster Linie aus der arbeitsrechtlichen Deckungsprüfung bei All-In bzw. Überstundenpauschalen.

Dh es ist eine strikte Trennung zwischen Gleitzeitstunden und Überstunden erforderlich, die sich auch aus der Vereinbarung über die Anzahl der mit der Pauschal- bzw All-In-Vereinbarung abgegoltenen Überstunden genau ergeben muss.

Bei Dienstnehmern mit All-in-Vertrag ist ein Herausschälen von steuerfreien Überstundenzuschlägen mangels strikter Trennung zwischen Gleitzeitstunden und Überstunden und mangels genauer Vereinbarung über die Anzahl der mit der Vereinbarung abgegoltenen Überstunden generell nicht möglich.

Daher ist aber auch die einmalige Berücksichtigung der Steuerbefreiung gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 (Gleitzeitguthaben und ganzjährige Gleitzeitperiode) nicht anwendbar, weil hier die Überstunden nicht separat abgegolten werden. Vielmehr findet hier ein nicht (mehr) zulässiges Herausschälen aus einer Gesamtvergütung statt.

Überdies liegt aufgrund der Tatsache, dass Überstunden erst am Ende der Gleitzeitperiode vorliegen, auch kein Anwendungsfall der Rz 1162a der LStR vor, weil während der Gleitzeitperiode gar keine und daher auch keine „durchschnittlichen“ ÜSt geleistet werden (können), da es sich ja vorläufig immer nur um Zeitguthaben handelt.

Anmerkung:

Das bedeutet im Klartext Folgendes:

All-In-Vereinbarungen haben nach Ansicht der GPLB überhaupt keine Berechtigung (mehr), steuerfreie Überstundenzuschläge geltend zu machen.

Zum einen gibt es keine Vereinbarung über die Zahl von Arbeitsstunden, die abgegolten sind, zum anderen erschwert die jüngste VwGH-Judikatur zu Durchrechnungen die Fortführung der bisher toleranten Haltung des BMF.

Die hier gebrachten Darstellungen gelten wohl nicht nur für die Gleitzeit in Kombination mit „All-In“, sondern auch für den Bereich der Durchrechnung, der mit „All-In“ kombiniert wird.

C) All-In-Entlohnung ohne Gleitzeit bzw. Durchrechnung

Hier ist zunächst einmal die Rz 1162a LStR 2002 maßgeblich:

„Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit der Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 bei Überstundenpauschalen und Gesamtgehaltsvereinbarungen ist, dass im Jahresdurchschnitt auch tatsächlich Überstunden im erforderlichen Ausmaß (Zuschlag maximal 86 Euro) geleistet werden und keine missbräuchliche Verteilung der geleisteten Überstunden erfolgt (zB Überstunden werden regelmäßig stets nur in 6 Monaten geleistet und die Auszahlung aus steuerlichen Gründen gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt).“

Im erforderlichen Ausmaß bedeutet, dass im Durchschnitt soviele Überstunden geleistet werden müssen, dass entweder die Höchstzahl an Stunden nach § 68 Abs. 2 (bis Ende 2025: 20) oder der Freibetrag (für 2025: € 200,00) durch die Zuschläge erreicht ist.

C1: All-In ohne feste Stundenabgeltungsvereinbarung (echtes „All-In“):

Weist eine „All-In-Vereinbarung“ keine fixe Stundenzahlvereinbarung auf (kommt es also im Zuge der „All-In-Vereinbarung“ zu keiner Konkretisierung der Zahl der durch die Entlohnung abgegoltenen Überstunden), so ist der Teiler 203 (173 + 20 + 10) zur Anwendung zu bringen, um den steuerfreien Zuschlag herausschälen zu können.

C2: Pauschalentgeltsvereinbarung mit fester Stundenabgeltungsvereinbarung („unechtes All-In“):

In diesem Vereinbarungsfall wird jener Teiler angewendet, welcher der vereinbarten Zahl an abgegoltenen Überstunden entspricht.

Ist zB vereinbart, dass mit dem Pauschalentgelt (dem „unechten All-In“) 10 Überstunden monatlich abgegolten sind, ist ein Teiler von 173+10+5 = 188 zu unterstellen.

Werden im Jahresdurchschnitt die oben angeführten Höchstwerte an ÜSt oder der Frei-betrag durch die Überstundenleistung nicht erreicht, liegt ein unzulässiges Herausschälen aus einer Gesamtgehaltsvereinbarung vor.

Anmerkung:

Damit sind „All-In-Vereinbarungen“ betreffend das Herausschälen von Überstundenzuschlägen in den meisten Fällen „gestorben“. Die Kombination mit der Gleitzeit ist praktisch zu vergessen. Und ohne Gleitzeit sind „All-In-Vereinbarungen“ nur dann steuerlich zu retten, wenn entweder der Höchstbetrag der relevanten Stunden ODER der Höchstbetrag nach § 68 Abs. 2 EStG 1988 im Jahresschnitt erreicht werden.

Persönlich bezweifle ich, dass auch im Falle von „unechten All-In-Vereinbarungen“ die Höchstwerte erreicht sein müssen, um ein Herausschälen steuerrechtlich zu ermöglichen.

Überstundenpauschalen werden wohl im Hinblick auf die Geltendmachung steuerfreie Überstundenzuschlagsanteile eine günstigere "Halbwertszeit" haben als "All-In-Vereinbarungen".

WIKU-Fazit:

Diese neue Auslegung durch die GPLB bahnt sich nun offenbar ihren Weg. Bedauerlich ist, dass man in den Lohnsteuerrichtlinien dazu noch keinerlei Hinweise gebracht hat. Daher ist es möglich, dass nicht alle GPLB-Prüfer diese Betrachtungen anwenden.

Allerdings muss man in Anbetracht der Judikaturlage und des Umstandes, dass die Regierung den § 68 EStG 1988 erst ab 2027 betreffend Überarbeitung auf dem Radar hat, bei den nächsten GPLB mit dem Schlimmsten rechnen und sollte auch Vorkehrungen für die Zukunft treffen (eventuell hilft schon ein Verzicht auf die Geltendmachung der Steuerfreiheit dieser Überstundenzuschläge für die Zukunft zur Rettung des „Budgets“).

Hoffen wir, dass zumindest die „Formel 7“ noch eine Zeitlang ungeschoren bleibt.

Autor: Wilhelm Kurzböck